Wie schätzt man nichtfunktionale Stories in Storypoints / Funktionspunkten ab?

Teams, die User Stories üblicherweise in Storypoints abschätzen die auf Funktionalität statt auf Aufwand beruhen, kommen bei der Abschätzung von Stories ins Strudeln, die keinen funktionalen Charakter haben.

Das könnten z.B. längere Analysestories sein, oder das Austauschen eines Quellsystems gegen ein anderes.

Zu überlegen ist dabei, ob diese Stories denn überhaupt Punkte bekommen sollten. Oder ob Analysetätigkeiten einfach die Velocity senken. Wenn über die Velocity der fachliche Fortschritt gemessen werden soll, erscheint das passender. Wenn es Gründe für eine Abschätzung gibt, kann man die Frage stellen: Um welchen Wert würde die Velocity im Sprint absinken?

Bei technisch motivierten Stories, wie z.B. der Austausch eines Quellsystems gegen ein anderes, kann man die Funktionsänderung an der Schnittstelle abschätzen. In dem Fall ist es nicht die Funktion, die der User sieht, sondern der Entwickler bzw. das eigene System. Vielleicht lässt sich auch feststellen, welche Funktionen für den User gleich bleiben müssen und das sind dann die abzuschätzenden Funktionen. Das mag auf den ersten Blick zu viel erscheinen, andererseits müssen diese Funktionen getestet werden und je nach Änderung des Quellsystems müssen auch einige Businessobjekte oder gar Abläufe geändert werden. Das Risiko des Unbekannten ist mit einer höheren Abschätzung besser abgedeckt, als mit einer geringen.

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Zwei User Story Beispiele

Ein einfaches Beispiel

Überschrift: Anwendung starten

Story: Als Autor möchte ich nach dem Start der Anwendung mein zuletzt bearbeitetes Dokument sehen, um Zeit zu sparen.

(Quelle: Wikipedia)

Ein ausführlicheres Beispiel

Überschrift: Datenschutzerklärung System Sales Assistant

Story: Jeder Anwender der Anwendung muss vor der Verwendung personenbezogener Daten bestätigen, dass er die Datenschutzerklärung beachtet, um den rechtlichen Anforderungen des Datenschutzgesetz §4711 zu genügen.

Akzeptanzkriterien:

  • Bei jeder Anmeldung am System wird eine Textinformation angezeigt, die bestätig werden muss. Maximal jedoch einmal je Benutzer und Quartal.
  • Wenn der Anwender die Information nicht bestätigt, beendet sich die Anwendung.
  • Die Textinformation muss durch eine Person in der Rolle „Betrieblicher Datenschutzbeauftragter“ ohne neue Distribution der Anwendung redaktionell gepflegt werden können.

Folgendes ist nicht angefordert:

  • Die Textinformation muss nicht archiviert werden.
  • Die Bestätigungen müssen nicht gespeichert oder weitergemeldet werden.

Bemerkungen zu den Beispielen

  • Die Überschrift erleichtert das optische Auffinden in einem Stapel von User Stories. Unabhängig davon, ob sie an der Wand hängen, oder in einem elektronischen System wie z.B. Jira.
  • Das einfache Beispiel funktioniert gut für Teams, die schon lange zusammen an den Produkt arbeiten und großes Domainenwissen haben. Ein neu gegründetes Team benötigt i.d.R. mehr Spezifikationen.
  • Der Detailgrad einer User Story wächst mit der Zeit. Zur Releaseplanung und Priorisierung gibt es nur einfache Stories Sätze / Epics / Features, aber dafür decken diese möglichst vollständig den Release Umfang ab.
  • Nach erster Priorisierung werden die Stories für die kommenden 2-3 Sprints in Product Backlog Refinement Workshops detailliert, so dass zum Sprint Planning I schon einige der Punkte vorhanden sind:
  • Überschrift
  • User Story
  • Akzeptanzkriterien
  • Abschätzung in Story Points
  • Ermittlung und Klärung technischer sowie organisatorischer Abhängigkeiten

Bei Bedarf noch

  • Nicht-Anforderungen
  • Funtionale Ablaufdiagramme
  • UX-Design / Kreativ Konzept / Wire Frames
  • Vermaßtes UI-Design
  • Testfälle

Das hilft dem Team dabei, die Story auch wirklich in einem Sprint umsetzen zu können.

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Selbstorganisation = Selbstdisziplin?

Funktioniert die in Scrum so groß geschriebene Selbstorganisation nur mit großer (Selbst-)Diszipin oder doch bloß mit intrinsischer Motivation? Oder gar nur mit externer?

Das kennt vielleicht jeder: Selbst gute eigene Vorhaben werden manchmal einfach nicht mehr durchgeführt. Was können wir leicht selbst dafür tun, die Selbstorganisation zu erhalten?

Was tun zur Stärkung der intrinsischen Motivation ohne sich unnötig zu disziplinieren?

  1. Den Wert des Vorhabens formulieren.
    Wenn der Wert nicht hoch genug oder erstrebenswert ist, ist das schon zu Beginn ein Showstopper.
  2. Optionen creiren. Was gibt es überhaupt für Möglichkeiten?
  3. Ziele konkret vornehmen oder vereinbaren. Wann genau habe ich das Ziel erreicht?
  4. Den ersten Schritt zum Ziel sofort aufschreiben und vielleicht sogar sofort angehen.
  5. Abschließend das Ergebnis des Erreichten bewerten. Beibehalten oder ändern?

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Toyota, die Vorzeigefirma für schlanke Prozesse in großen Schwierigkeiten

Wie konnte es dazu kommen?
Toyota gilt als Vorreiter für die schlanke Produktion und agile Vorgehensweisen. Sie haben sich damit nicht nur früh gegen den Trend behauptet, sondern haben General Motors sogar als Weltmarktführer abgelöst. Toyota hat nun zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Verlusst eingefahren; und dann gleich satte 4,4 Milliarden Dollar. Das ist auch ein kleiner Schock für die Agile Bewegung. Akio Toyoda, der Enkel des Firmengründers sagte, der Konzern sei „nur noch einen Schritt entfernt von Irrelevanz und Tod“.

Kundenzufriedenheit ist im Agilen Manifest der höchste Wert. Diese hat Toyota durch große Qualitätsprobleme enttäuscht. Stand Toyota weltweit doch für zuverlässige Fahrzeuge. Vielleicht aus Übermut hatte 2002 der damalige Toyota Chef für 2010 einen Weltmarktanteil von 15% proklamiert. Letztes Jahr wurden 12% erreicht, nun fällt der Wert wieder. Auf dem Weg zu diesem immensen Größenwachstum hatte man den Kunden aus dem Visier verloren. Toyota steigerte mit Druck die Nachfrage nach ihren großmotorigen Geländewagen und hatte dann Mühe diese zu bedienen. Gegen den Rat der Gründerfamilie und anderen mussten Sonderschichten eingelegt werden. Die Qualität sank.

Nun kehrt Toyota zurück zu den Wurzeln. Der Enkel des Firmengründers hat Mitte 2009 wieder die Firmenleitung übernommen. Das Unternehmensziel sind nun innovative, umweltfreundliche Hybridfahrzeuge, deren Antrieb in den nächsten drei Jahren in der Praxis erprobt werden soll.

Siehe auch Süddeutsche Zeitung vom 16. Januar 2010 „Toyota unter Schock“

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Die vier stärksten Einflüsse auf Kreativität und Gesundheit bei der Arbeit

Jedes Unternehmen ist anders und den Königsweg zur dauerhaften Verankerung von Kreativität und Innovationsbereitschaft gibt es bislang nicht. Dennoch lassen sich vier entscheidende Bereiche erkennen, durch deren bewusste Gestaltung sowohl Kreativität wie Gesundheit gefördert werden können:

  • Autonomie in der Arbeit,
  • Anforderungsvielfalt der Arbeitsaufgaben,
  • kreative Selbstwirksamkeit (die Überzeugung, Ergebnisse gezielt beeinflussen zu können) und
  • ein ›gemischter‹ Komplex mit Teamklima, Kooperation und Kommunikation.

Mich verwundert es nicht, dass diese Bereiche den Agilen Werten verflixt ähnlich sind!

Autonomie in der Arbeit
Den stärksten positiven Einfluss scheint die Autonomie in der Arbeit auf Kreativität und Gesundheit zu haben.
Um die Autonomie zu erhöhen, sollten den Mitarbeitern weitgehende Tätigkeitsspielräume bei der Arbeit eingeräumt werden. Dazu gehören:

  • der Handlungsspielraum, der den Mitarbeitern erlaubt, flexibel zu sein bei der Verfahrenswahl, dem Mitteleinsatz und der zeitlichen Organisation von Aufgabenbestandteilen,
  • der Gestaltungsspielraum, der Möglichkeiten zur selbstständigen Gestaltung von Vorgehensweisen nach eigenen Zielsetzungen gibt und damit das Ausmaß an Variabilität einer Tätigkeit bestimmt und
  • der Entscheidungsspielraum, der Mitarbeitern Entscheidungskompetenzen zur Festlegung von Tätigkeiten oder Aufgaben einräumt und damit das Ausmaß der Autonomie wesentlich bestimmt.

Quelle: Create Health! – Arbeit kreativ, gesund und erfolgreich gestalten. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

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